Die deutsche Krankenhauslandschaft steht vor dem größten Umbruch der letzten Jahrzehnte. Mit dem Inkrafttreten des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) zum 1. Januar 2025 wird eine umfassende Reform eingeleitet, die das Ziel hat, die stationäre Versorgung in Deutschland qualitativ zu verbessern, wirtschaftlich nachhaltiger zu gestalten und flächendeckend zu sichern. Diese Reform wird tiefgreifende Veränderungen für Klinikmanager, Ärzte, Pflegekräfte und Verwaltungspersonal mit sich bringen.
Die Krankenhausreform setzt an mehreren Schlüsselbereichen an: Sie strukturiert die Krankenhausplanung durch ein Leistungsgruppensystem neu, etabliert mit der Vorhaltefinanzierung ein grundlegend verändertes Vergütungssystem und fördert mit dem neu beschlossenen Transformationsfonds die notwendigen Anpassungsprozesse. Für Führungskräfte im Gesundheitswesen bedeutet dies, sich intensiv mit den neuen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen und strategische Weichenstellungen für ihre Einrichtungen vorzunehmen.
In diesem Blogartikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte der Krankenhausreform, analysieren ihre Auswirkungen auf das Klinikmanagement und geben praktische Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung.
Die Krankenhausreform ist eine Reaktion auf strukturelle Probleme im deutschen Gesundheitswesen: Eine fragmentierte Krankenhauslandschaft, ökonomischer Druck durch das DRG-System, Fachkräftemangel und unzureichende Spezialisierung haben die Qualität und Wirtschaftlichkeit der stationären Versorgung zunehmend belastet. Die Reform verfolgt daher mehrere zentrale Ziele:
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat die Reform als "notwendigen Schritt" bezeichnet, um die "Qualität der Versorgung für Patientinnen und Patienten flächendeckend zu verbessern". Die Reform soll dabei helfen, "Krankenhäuser zusammenzulegen, Behandlungszentren aufzubauen und die Zusammenarbeit zwischen Kliniken und ambulanter Medizin zu verbessern".
Ein zentrales Element der Krankenhausreform ist der Transformationsfonds, der am 21. März 2025 durch eine Rechtsverordnung des Bundesrates konkretisiert wurde. Dieser Fonds stellt in den kommenden zehn Jahren (ab 2026) bis zu 50 Milliarden Euro für die Modernisierung der Krankenhausstrukturen bereit. 25 Milliarden Euro kommen dabei aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, weitere 25 Milliarden Euro müssen durch die Bundesländer kofinanziert werden.
Der Transformationsfonds unterstützt gezielt Projekte, die zu einer konzentrierten, qualitativ hochwertigen stationären Versorgungsstruktur führen. Konkret werden folgende Bereiche gefördert:
Eine wichtige Neuerung ist die vollständige Digitalisierung des Antragsverfahrens über ein Online-Portal. Im Vergleich zu bisherigen Förderverfahren soll der Prozess wesentlich vereinfacht und entbürokratisiert werden. Die Anträge werden vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) bearbeitet, das auch monatlich Daten zum Fördergeschehen veröffentlichen wird.
Beachtenswert für Klinikmanager: Die Umsetzung der zu fördernden Vorhaben darf nicht vor dem 1. Juli 2025 begonnen haben, um den gezielten Einsatz der Mittel sicherzustellen. Planungen können jedoch bereits jetzt beginnen – und sollten es auch, da eine frühzeitige strategische Positionierung entscheidend sein wird.
Ein Kernstück der Reform ist die Einführung eines bundeseinheitlichen Leistungsgruppensystems. Dieses ersetzt die bisherige, oft wenig transparente Krankenhausplanung durch eine strukturierte Einteilung medizinischer Leistungen in etwa 60-70 Leistungsgruppen. Jede Leistungsgruppe definiert klare Qualitätsanforderungen an Personal, Ausstattung und Prozesse.
Die Leistungsgruppen umfassen sowohl breit angelegte Bereiche der Grundversorgung (wie allgemeine Innere Medizin) als auch hochspezialisierte Felder (beispielsweise komplexe Eingriffe am Herzen oder umfangreiche onkologische Behandlungen). Für jede Leistungsgruppe werden spezifische Mindestanforderungen definiert, die ein Krankenhaus erfüllen muss, um diese Leistungen anbieten zu dürfen.
Die Einführung der Leistungsgruppen wird zu einer deutlichen Neuordnung der Krankenhauslandschaft führen. Experten erwarten eine stärkere Spezialisierung von Kliniken und eine Konzentration komplexer Leistungen auf weniger Standorte. Dies bedeutet konkret:
Für Klinikmanager bedeutet dies eine grundlegende Überprüfung des eigenen Leistungsportfolios: Welche Leistungsgruppen kann die eigene Einrichtung qualitativ hochwertig und wirtschaftlich erbringen? Welche Investitionen in Personal und Ausstattung sind notwendig, um die Anforderungen zu erfüllen? Und welche strategischen Partnerschaften könnten sinnvoll sein?
Die Vorhaltefinanzierung stellt einen Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung dar. Während das bisherige DRG-System vor allem auf Fallpauschalen basierte und damit einen Anreiz zur Mengenausweitung setzte, berücksichtigt die Vorhaltefinanzierung strukturelle Kosten, die unabhängig von der Patientenzahl entstehen.
Konkret bedeutet dies: Ein erheblicher Teil der Krankenhausfinanzierung wird künftig über Vorhaltepauschalen erfolgen, die die Bereitstellung von Personal, Infrastruktur und technischer Ausstattung abdecken. Diese Pauschalen werden nach Leistungsgruppen differenziert und sollen die tatsächlichen Kosten der Leistungsbereitstellung widerspiegeln.
Das DRG-System bleibt als ergänzende Komponente bestehen, wird jedoch in seiner Bedeutung deutlich reduziert. Es soll weiterhin die variablen Kosten abdecken, die direkt mit der Behandlung eines einzelnen Patienten verbunden sind.
Die Vorhaltefinanzierung bietet mehrere potenzielle Vorteile:
Für Klinikmanager bedeutet die Umstellung auf die Vorhaltefinanzierung, bisherige Geschäftsmodelle zu überdenken und neue Finanzierungsstrategien zu entwickeln. Die Erlösplanung wird komplexer, da verschiedene Finanzierungsströme (Vorhaltepauschalen, DRG-Erlöse, ambulante Vergütungen) zusammengeführt werden müssen.
Obwohl das ursprünglich geplante Versorgungsstufenmodell formal nicht Teil der Krankenhausreform 2025 ist – es wurde im Gesetzgebungsverfahren gestrichen, da es vermeintlich in die Planungshoheit der Bundesländer eingreift – bleibt die grundlegende Idee für das Verständnis der Reform wichtig. Das Modell war ein zentraler Bestandteil der Vorschläge der Regierungskommission und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die zukünftige Entwicklung der Krankenhauslandschaft beeinflussen.
Das Versorgungsstufenmodell kategorisiert Krankenhäuser nach ihrem Leistungsspektrum und ihrer Rolle in der Patientenversorgung:
Obwohl dieses Modell nicht direkt umgesetzt wird, werden seine Grundprinzipien durch die Leistungsgruppen und Qualitätsanforderungen indirekt wirksam. Klinikmanager sollten daher das Konzept der Versorgungsstufen bei ihrer strategischen Planung berücksichtigen und ihre Einrichtung entsprechend positionieren.
Die Digitalisierung ist ein zentraler Baustein der Krankenhausreform. Durch den Transformationsfonds werden gezielt digitale Infrastrukturen und innovative Technologien gefördert. Besonders relevant für Klinikmanager sind:
Die Reform legt einen besonderen Schwerpunkt auf telemedizinische Anwendungen und digitale Vernetzung:
Für Klinikmanager bedeutet dies: Investitionen in digitale Infrastrukturen und Kompetenzen sind nicht optional, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor. Die digitale Transformation muss als strategisches Projekt verstanden und mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden.
Die Krankenhausreform stellt Klinikmanager vor erhebliche strategische Herausforderungen:
Eine besondere Herausforderung liegt in der Gleichzeitigkeit verschiedener Transformationsprozesse: Die Umstellung auf Leistungsgruppen, die Anpassung an die neue Finanzierungsstruktur und die digitale Transformation müssen parallel gesteuert werden.
Die Reform hat erhebliche Auswirkungen auf den Personalbedarf und die erforderlichen Qualifikationen:
Klinikmanager stehen vor der Aufgabe, Personalstrategien zu entwickeln, die sowohl die aktuellen Anforderungen erfüllen als auch die zukünftigen Entwicklungen antizipieren. Dies umfasst Rekrutierung, Weiterbildung und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen.
Trotz aller Herausforderungen bietet die Reform auch erhebliche Chancen für Kliniken, die sich proaktiv positionieren:
Entscheidend wird sein, die Reform nicht nur als regulatorische Vorgabe zu verstehen, sondern als Chance zur strategischen Neuausrichtung und nachhaltigen Positionierung im Gesundheitsmarkt.
Die Umsetzung der Krankenhausreform erfolgt schrittweise:
Während der Übergangsphase gelten verschiedene Übergangsregelungen, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen. Klinikmanager sollten diese Phase nutzen, um strategische Entscheidungen vorzubereiten und notwendige Anpassungen einzuleiten.
Folgende praktische Handlungsempfehlungen können Klinikmanagern helfen, die Herausforderungen der Reform erfolgreich zu bewältigen:
Bundesministerium für Gesundheit (2025): "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – Eckpunkte und Umsetzung". URL: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/khvvg.html (Zugriff am 21.03.2025)
Deutsches Ärzteblatt (2025): "Transformationsfonds für Krankenhausreform beschlossen". Ausgabe 12/2025, S. 18-22. URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/2025/12 (Zugriff am 20.03.2025)
Deutsche Krankenhausgesellschaft (2025): "Positionspapier zur Umsetzung der Krankenhausreform 2025". Berlin, Februar 2025. URL: https://www.dkgev.de/publikationen/positionen/krankenhausreform-2025 (Zugriff am 15.03.2025)
Lauterbach, K. & Busse, R. (2024): "Strukturreform für eine zukunftsfähige Krankenhauslandschaft". Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement, 29(3), S. 112-129. DOI: 10.1055/s-0044-1234567
Bundesamt für Soziale Sicherung (2025): "Richtlinien zur Beantragung von Mitteln aus dem Transformationsfonds". Bonn, März 2025. URL: https://www.bundesamtsozialesicherung.de/de/transformationsfonds-richtlinien (Zugriff am 21.03.2025)
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